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BFV-Kampagne „Pro Amateurfußball“

von Thomas.Rausch

Was kommt auf die Vereine zu?
von bfv.de

Der Amateurfußball steht vor einer immensen Herausforderung. Studien belegen, dass der demografische Wandel dramatische Auswirkungen auf die Mitgliederentwicklung der bayerischen Fußballvereine haben und vor allem kleine Klubs in ihrer Existenz bedrohen wird – sollten nicht rechtzeitig geeignete Maßnahmen ergriffen werden. BFV-Präsident Dr. Rainer Koch erklärt, mit welchen Folgen die Vereine rechnen müssen und mit welchen Maßnahmen der Bayerische Fußball-Verband die Klubs unterstützen wird.

Interview mit Dr. Rainer Koch

Herr Koch, eine vom Bayerischen Fußball-Verband in Auftrag gegebene Studie zeigt, dass die Zahl der Kinder und Jugendlichen in den 4634 bayerischen Vereinen bis ins Jahr 2016 deutlich sinken wird. Statt derzeit 316.000 werden dann nur noch 264.000 Jungen im Alter von sieben bis 18 Jahren Fußball in einem Verein spielen. Welche Folgen hat dieser Rückgang für die Vereine?
Dr. Rainer Koch: Fußball boomt wie nie und trotzdem wird uns in den nächsten Jahren wegen des starken Geburtenrückgangs in großen Teilen Bayerns der Nachwuchs wegbrechen. Sehr viele Vereine werden in allen Altersklassen Probleme haben, ausreichend Mannschaften für den Spielbetrieb zu stellen. Die finanzielle Situation vieler Klubs ist schon jetzt sehr angespannt. Die Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen sinken, auch bei Sponsoren sitzt das Geld nicht mehr so locker. Und wir werden in der heute stark veränderten Freizeitgesellschaft auch nicht mehr die Zuschauerzahlen wie vor 20 Jahren erreichen können. Dazu stellt die Schwierigkeit bei der Gewinnung und Bindung ehrenamtlicher Mitarbeiter und qualifizierter Funktionsträger für die Vereine ein weiteres existenzielles Problem dar.

Wie lässt sich verhindern, dass vor allem kleine Vereine durch die Folgen des demografischen Wandels existentiell bedroht werden?
Dr. Rainer Koch: Unser Ziel ist es, dass in allen Regionen Bayerns, in allen Dörfern und Städten so viele Fußballvereine wie nur möglich erhalten bleiben. Hierzu haben wir nach dem Verbandstag die Kampagne  „Pro Amateurfußball“ entwickelt, die einen Sieben-Punkte-Plan enthält und nunmehr gestartet wird. Die Schwerpunkte liegen auf einem Ausbau der Kooperation mit den Schulen, der Unterstützung der Vereinsmitarbeiter in Theorie und Verwaltung, dem Ausbau der Schulungen für Trainer und der Schulung der eigenen BFV-Mitarbeiter, um zeitgemäße, serviceorientierte, transparente und schnelle Kommunikation anbieten zu können. Hinzu kommen eine Internetoffensive, um die mediale Aufmerksamkeit für die Arbeit unserer Vereine und des Verbandes weiter zu steigern und dadurch das Image des Amateurfußballs zu stärken. Außerdem werden wir die Zahl von Gesprächsrunden auf Kreisebene unter unserem Motto „Verband und Vereine – ein Team!“ weiter ausbauen, um Probleme unserer Vereine noch früher zu erkennen und gemeinsam mit ihnen nach Lösungen zu suchen.

Bis wann werden die Schwerpunkte in konkrete Projekte umgesetzt?
Dr. Rainer Koch: Wir alle müssen erkennen, dass wir keine Zeit zu verlieren haben: Der Rückgang an Mannschaften im Jugendbereich hat bereits eingesetzt. Deshalb müssen jetzt in allen zuständigen Ausschüssen des Verbandes, aber auch in „Runden Tischen“ und Workshops mit unseren Vereinen so schnell wie möglich konkrete Maßnahmen und Projekte konzipiert werden.

Die staatlichen Zuschüsse, die der BFV pro Jahr erhält, sind in den vergangenen acht Jahren um rund ein Drittel von 1,5 Millionen Euro auf knapp eine Million Euro zurückgegangen. Das sind über die Jahre gesehen inzwischen Einnahmeausfälle von mehreren Millionen Euro. Wie will der Verband die Finanzierung entsprechender Projekte sicher stellen?
Dr. Rainer Koch: Verband und Vereine müssen diese Herausforderung gemeinsam angehen. Wir benötigen für das gesamte Maßnahmenpaket jährlich rund eine Million Euro. Aus dem vorhandenen Haushalt kann der BFV diese zahlreichen neuen Projekte, sollen sie bayernweit Wirkung zeigen, nicht finanzieren. Auf dem Verbandstag haben wir ausführlich und kontrovers über die Finanzierung der Kampagne diskutiert, am Ende haben sich knapp 60 % der Delegierten für die Anhebung der Wechselgebühren ausgesprochen. Die Mehrheit war gegen eine gleichmäßige Umlegung der Zusatzkosten auf alle Klubs.

Wie wirkt sich die Neugestaltung konkret aus?
Dr. Rainer Koch: Vor allem kleine Vereine, die eine intensive Jugendarbeit mit eigenen Spielern betreiben, sollen begünstigt werden. Neuanmeldungen sind künftig sowohl im Junioren- als auch im Erwachsenenbereich kostenlos. Dadurch werden Vereine besonders belohnt, die sich aktiv um die Ausbildung des eigenen Nachwuchses kümmern und damit in besonderem Maße um die Zukunftssicherung des Amateurfußballs bemühen. Ein Spielerwechsel hilft hingegen nur dem aufnehmenden Verein, dem Fußball im Ganzen und dem abgebenden Verein hilft er aber nicht weiter. Und deshalb ist es richtig, dass gerade über die Gebühren für Spielerwechsel die Kampagne „Pro Amateurfußball“ finanziert wird. Zudem besteht so für die Vereine die Chance, die Kosten für Vereinswechsel über die Aufnahmegebühren an die wechselwilligen Spieler weiter zu geben. Das ist in vielen anderen Sportarten längst Praxis. Die ehrenamtlichen Leistungen der Vereine und Verbände können auch im Fußball den Sportlern nicht mehr länger zum Nulltarif angeboten werden.

Ist es nicht möglich, die Einnahmeausfälle über die Einnahmen der BFV Service GmbH auszugleichen?
Dr. Rainer Koch: Die BFV-Service GmbH erwirtschaftet mit ihren Einnahme durch Sponsorengelder schon jetzt ca. 15 % der Einnahmen des BFV und seiner Tochterfirmen. Nur durch verstärkte wirtschaftliche Kooperationen ist es dem BFV in den letzten Jahren überhaupt noch gelungen, seinen Vereinen neue attraktive Spielformen und eine große Anzahl zusätzlicher Beratungs- und Dienstleistungen anzubieten. Weitere Einnahmesteigerungen können wir im Verbandsmarketing nicht mehr erwarten. In der aktuellen wirtschaftlichen Lage kann uns zudem niemand garantieren, dass sich  künftig überhaupt Sponsorengelder in dieser Millionenhöhe akquirieren lassen. Es besteht immer die Gefahr, dass Sponsoren abspringen. Auch für diesen Fall muss der BFV gerüstet sein, um seinen Vereinen in jeglicher Lage den optimalen Service anbieten zu können. Die Sieben-Punkte-Kampagne „Pro Amateurfußball“ braucht eine Finanzierung durch zusätzliche Einnahmen des Verbandes.

Wäre es nicht leichter kommunizierbar gewesen, die Gebühren über die Jahre Stück für Stück anzuheben, anstatt auf einmal einen deutlichen Sprung nach oben zu wagen?
Dr. Rainer Koch: Ich bin für einen offenen und ehrlichen Umgang im Verhältnis von Verband und Vereinen. Dem Verbandstag ging es nicht um eine allmähliche Erhöhung von Gebühren, sondern um die Finanzierung einer umfassenden Projektinitiative „Pro Amateurfußball“, bayernweit und langfristig über viele Jahre hinweg. Zudem sollte auf das Problem der drastischen Spieler- und Mannschaftsrückgänge aufmerksam gemacht werden. Deshalb haben wir an mehreren Stellen eigentlich notwendig gewordene Gebührenerhöhungen auf die Wechselgebühren zusammengelegt und zum Beispiel die seit 2006 unveränderten Meldegebühren erneut nicht angehoben.

BFV-Kampagne „Pro Amateurfußball“

Der demografische Wandel wird die bayerischen Amateurvereine und den Bayerischen Fußball-Verband in den kommenden Jahren vor eine immense Herausforderung stellen. Der prognostizierte Rückgang bis 2016 von derzeit 316.000 auf dann nur noch 264.000 Jungen im Alter von sieben bis 18 Jahren, die in bayerischen Vereinen Fußball spielen, wird vor allem kleine Klubs in ihrer Existenz bedrohen. Um den Bestand der 4634 Vereine in allen Regionen Bayerns sicher stellen zu können, hat der BFV eine Sieben-Punkte-Kampagne „Pro Amateurfußball“ zur Zukunftssicherung und Stärkung des Amateurfußballs erarbeitet, die im Wesentlichen den Nachwuchs sichern, das Ehrenamt stärken und das Image des Amateurfußballs weiter verbessern soll.

Alle Infos zur Kampagne „Pro Amateurfußball“

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